Aus dem Blog sendestoerung.de
Das Fürstentum Liechtenstein ist ein kleines, beschauliches Land inmitten der Alpen. Der unabhängige Staat hat eine Fläche von etwa 160 km², auf denen rund 40.000 Menschen leben. (zum Vergleich die Hansestadt Bremen, das kleinste deutsche Bundesland: 320 km², 580.000 Einwohner) Das sechstkleinste Land der Erde ist als konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratisch-parlamentarischer Grundlage organisiert. Im Liechtensteiner Landtag, der alle vier Jahre neu gewählt wird, sind derzeit vier Parteien unterschiedlicher Strömungen vertreten. Im Januar 2025 finden die nächsten Parlamentswahlen statt.
Ebenso klein und überschaubar ist auch die dortige Medienszene. Bis 2023 gab es im Fürstentum zwei Tageszeitungen, das Liechtensteiner Vaterland und das Liechtensteiner Volksblatt. (eingestellt). Die beiden Tageszeitungen standen seit der Gründung der Parteien 1918 je einer politischen Gruppierung nahe. Das heutige Liechtensteiner Vaterland ist das inoffizielle Parteiorgan der Vaterländischen Union (VU), das Liechtensteiner Volksblatt sympathisierte mit der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP). Mehrere Zeitschriften und Magazine widmen sich zudem der Kultur, dem Brauchtum und der Geschichte Liechtensteins. – Darüber hinaus verfügt das Land über einen Mini-Fernsehsender. Der Privatsender 1 FL TV verbreitet seit 2008 Nachrichten über Liechtenstein und die angrenzenden Regionen. Ein staatlicher Landeskanal und diverse, ebenfalls staatliche Gemeindekanäle ergänzen das Informationsangebot, zumeist mit kontinuierlich laufendem Text. Die Liechtensteiner Medien werden staatlich gefördert, so auch der zu guter Letzt noch zu erwähnende Radiosender Radio Liechtenstein, kurz: Radio L.
Radio L nahm 1995 als Privatsender den Betrieb auf, geriet aber 2003 in finanzielle Schwierigkeiten, als sich ein wichtiger Investor zurückzog. Zum 01. Januar 2004 wurde Radio L</a> daraufhin in einen öffentlich-rechtlichen Sender umgewandelt, der nicht durch individuelle Rundfunkgebühren, sondern durch einen Haushaltstitel der Regierung finanziert wurde – und weiterhin wird. (ausführlichere Informationen u.a.bei Wikipedia</a>)
In den vergangenen Jahren nahm die Kritik an und die Unzufriedenheit mit Radio L ständig zu, so dass im Frühjahr 2024 die kleinste Partei im Liechtensteiner Landtag, die Demokraten Pro Liechtenstein (DPL), begannen, Unterschriften für die Unterstützung einer Volksabstimmung über den Radiosender zu sammeln. Ziel der Kampagne: die (Re-) Privatisierung von Radio L. Die notwendigen Unterstützungsunterschriften (1000) kamen innerhalb weniger Wochen zusammen. Anfang September gelangte daraufhin das Anliegen der DPL im Landtag zur Abstimmung und wurde von allen im Parlament vertretenen Parteien (mit Ausnahme der DPL) abgelehnt. Somit entscheidet nun am 27. Oktober 2024 das Volk über die zukünftige Ausgestaltung von Radio L.
Die DPL beklagt, dass Radio L „70 Prozent der gesamten staatlichen Medienförderung“ </a>erhält, und verfolgt mit ihrer Initiative „das primäre Ziel, eine Gleichbehandlung aller Medien in Liechtenstein herbeizuführen</a>“.
Die Partei will erreichen, dass die „Steuerzahler nicht mehr für Fehler der Unternehmensleitung aufkommen“ müssen. „Qualität und hohe Leistungsbereitschaft“, so die Antragssteller, sollten „auch bei einem Staatsbetrieb gelten“. Man hält gleichsam aber auch fest, dass „die Initiative bereits im Vorfeld zur Abstimmung für längst positive Veränderungen bei Radio L gesorgt hat. Die Teppichetage wurde eliminiert; auch ging ein Ruck durch die Redaktion“. </a>Die Initiatoren des Referendums begrüssen im Weiteren, dass zwischenzeitlich mit Jürg Bachmann, dem neuen Verwaltungsratspräsident von Radio L, ein Medienfachmann gewonnen werden konnte, der zuvor u.a. als Präsident des Verbandes Schweizer Privatradios tätig war.
Erste Veränderungen beim Liechtensteiner Radiosender haben demnach bereits stattgefunden, aus Sicht der Initiatoren sind diese aber längst nicht ausreichend.
Wie sehr die Volksabstimmung die Liechtensteiner berührt, wird auch in der Berichterstattung der Tageszeitung „Vaterland“ deutlich, die umfassend über das Für und Wider des Entscheids informiert und Befürworter sowie Gegner in mehreren Gesprächsrunden ausführlich zu Wort kommen lässt. (ein Überblick der Berichterstattung ist hier aufrufbar</a>)
Derweil sorgt der Volksentscheid der DPL sogar für einen Disput innerhalb der Liechtensteiner Regierung:
Anfang Oktober beschloss die FBP eine klare Nein-Parole. Ihr Hauptargument, sicher auch mit Blick auf das Aus des parteinahen Volksblatts im vergangenen Jahr: Die Medienvielfalt dürfe nicht weiter reduziert werden. Die Liechtensteiner Medienministerin Sabine Monauni betonte laut Vaterland, dass es von Bedeutung sei, diese Initiative abzulehnen, damit die Medienlandscha ft Liechtenstein sich nicht weiter verkleinere und eine weitere Reduktion der Me dienvielfalt verhindert werden könne. Es sei ebenso wichtig, dass es mit Radio Liechtenstein zumindest ein Medienunternehmen gäbe, welches gesetzlich der Neut ralität und Objektivität verpflichtet sei und einem Informations- und Bildungs auftrag folgen müsse.
Der Regierungspartner der FBP, die Vaterländische Union, reagierte ungewöhnlich: Die VU legte sich ebenfalls fest und beschloss, die Initiative der DPL zu unterstützen. Politische Beobachter hatten lediglich mit einer Stimmfreigabe der VU gerechnet – dies hätte den Geflogenheiten der Liechtensteiner Politik entsprochen. So aber musste der Vaterland überrascht festhalten: „Erstmals seit 15 Jahren geben die beiden Regierungsparteien VU und FBP somit konträre Parolen im Vorfeld einer Volksabstimmung heraus“.
All dies wenige Monate vor einer Landtagswahl, die gemäss einer Umfrage des Vaduzer Medienhauses erhebliche Stimmenzuwächse für die junge DPL bringen dürfte. Die Veränderungen könnten so gravierend sein, dass sich womöglich eine ernsthafte Alternative zur aktuellen und langjährigen Koalition von FBP und VU böte.
Bei der Volksabstimmung am 27.10.2024 droht vermutlich ein Patt, nachdem sich die vierte im Vaduzer Landtag vertretene Partei, die Freie Liste ebenfalls für ein Nein ausgesprochen hat. Somit stehen sich zwei in etwa gleichstarke politische Lager beim Referendum gegenüber. In Ihrem Magazin WEISS schreibt die FL zwar: Das Radio L ist seit einigen Jahren ein besonderes Politikum. Interne Querelen, ungenügende journalistische Leistungen und immer neue Ergänzungs- und Notfallk redite schürten berechtigte Kritik am Landessender.
Dennoch hat die Partei auf einer Mitgliederversammlung einstimmig die Nein-Parole beschlossen: Für eine funktionierende Demokratie muss die Medienvielfalt und damit die viert e Gewalt dringend gewahrt werden. … Ob bewusst gewollt oder bloss in Kauf ge nommen, die Initiative der Demokraten pro Liechtenstein (DpL) wäre das Ende ein es weiteren Medienunternehmens. – die Fronten scheinen sich langsam zu verhärten.
Wie auch immer die Volksabstimmung zu Radio L am letzten Oktobersonntag in Vaduz und Umgebung ausgehen wird: Die Diskussion über die Zukunft des einzigen Radiosenders im Fürstentum Liechtenstein dürfte damit nicht beendet sein, sondern im Grunde erst begonnen haben. – Und zu guter Letzt könnte der Ausgang des Referendums einen kleinen Vorgeschmack geben auf einen möglichen Ausgang der Landtagswahl im Januar 2025.
Das Ergebnis der FL-Volksabstimmung:
JA 55,43 %
NEIN 44,57 %
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Unsere Wahlbörse landete mit 55,56 % einen Volltreffer - ebenfalls sehr gut die Umfrage auf X mit 53,6 %
In den kommenden Wochen und Monaten finden folgende Wahlen und Abstimmungen statt – zu allen Terminen werden voraussichtlich Märkte aufgesetzt:
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