Alle in den letzten monaten bekannt gewordenen umfragen basierten auf ca. 1000 befragungen.
Jetzt ist eine bombe geplatzt:
Der französische verfassungsschutz ließ 15.000 franzosen befragen, um über die stimmung in der bevölkerung infomriert zu sein.
Das ergebnis ist durch eine indiskretion bekannt geworden, man hat die zahlen dem nouvel observateur zugespielt.
Heute zitieren alle französischen medien die einfach unglaublichen ergebnisse:
Unangefochten sarkozy an der spitze.
Auf dem 2. platz bayrou, 3. ist le pen. Le pen weise aber stark steigende tendenzen auf und liege kopf an kopf mit bayrou.
Abgeschlagen auf dem 4. platz liegt royal.
Vor diesem hintergrund bekommen die aussagen ihres lebensgefährten hollande von vor zwei tagen besondere brisanz, als er feststellte, es sei nicht sicher, dass royal in die stichwahl komme. Unmittelbar danach hatte man noch geglaubt, er wolle mit dieser aussage nur wähler mobilisieren.
Der verfassungsdienst dementiert energisch, eine derartige umfrage in auftrag gegeben zu haben.
Es handle sich um eine reine erfindung des linksgerichteten blattes.
Unsere konkurrenten von der ftd-strategenbörse halten bei folgenden kursen, welche die prozentwerte des ersten wahlganges abbilden sollen:
royal 26,9
sarkozy 35,36
bayrou 17,17
le pen 12,95
Einen ausgezeichneten kommentar enthält die neue zürcher zeitung:
Eine halbe Woche vor der ersten Runde der Präsidentenwahl in Frankreich dominiert Nicolas Sarkozy, der Kandidat der Regierungspartei, mehr denn je das Rennen zum Elysée. Laut allen Umfragen seit über einem Vierteljahr liegt er von den insgesamt zwölf Kandidaten stets an der Spitze. Sein Konterfei ist im Unterschied zu den meisten anderen Kandidatenköpfen fast überall beschmiert oder zerrissen: Als sei er bereits an der Macht, toben sich an seinem Abbild heftiger Widerspruch und wilde Zerstörungswut aus. Auch in der Kampagne aller anderen grösseren und kleineren Konkurrenten muss Sarkozy als Hauptzielscheibe der ganz unterschiedlichen Attacken herhalten. Viel Feind, viel Ehr, hätte es wohl in früheren Zeitläuften geheissen. Der Favorit spukt auf jeden Fall bereits jetzt als Sieger in allen Gedankengängen seiner Gegner herum.
Dass Sarkozy als einziger Präsidentschaftskandidat am Dienstag mit dem ägyptischen Staatschef Mubarak in Paris zusammentraf, unterstrich seine herausragende Position als wahrscheinlich nächster Gebieter im Elysée. Mubarak war eigens zum Abschied von Präsident Chirac an die Seine gekommen und hatte Sarkozy mit der Begründung empfangen, dass dieser die Unterstützung des noch amtierenden französischen Staatschefs geniesse. Der Prätendent vor der Sphinx - dies ergab jedenfalls ein hübsches Bild, ähnlich wie die tags zuvor inszenierte Pilgerfahrt Sarkozys nach Colombey-les-Deux-Eglises ans Grab des Republikgründers de Gaulle.
Der demonstrative Rückgriff auf das gaullistische Erbe fügte sich in eine Strategie eines möglichst breiten Stimmenfanges ein. Nach rechtsaussen hatte Sarkozy zuvor in der Provence nicht mit nationalen Parolen gekargt, um diesmal den Protestwählerzulauf für den Rechtsextremisten Le Pen möglichst gering zu halten. Noch in dieser Woche ist anderseits eine Kundgebung bei Paris zur Umwerbung der zentristischen Wählerschaft geplant, bevor dann Sarkozy in Marseille mit einer Schlusskundgebung erneut das rechte Lager möglichst vollzählig um sich zu sammeln gedenkt. Während im Kreuzfeuer gesteigerter Anfeindungen Sarkozy sich dem Sieg nahe glaubt, wird das Lager seiner sozialistischen Hauptrivalin Royal von düsteren Ahnungen einer Niederlage erfüllt. Der Aufruf des früheren Premierministers Rocard, die Sozialisten sollten sich noch vor der ersten Wahlrunde auf ein Zusammengehen mit den Zentristen Bayrous einigen, unterstrich und verschärfte zugleich die missliche Lage der sozialistischen Bewerberin. Rocards Appell vergrämte Royal und ergötzte Bayrou. Allerdings erfuhr dadurch der Mitte-Links-Kurs des Zentristen, der weitaus mehr gegen Sarkozy als gegen Royal wettert, einen zusätzlichen Linksdrall. Die bürgerliche Stammwählerschaft der Zentristen steht kaum mehr hinter Bayrou; vor allem enttäuschte Sozialisten und erzürnte Protestwähler ganz unterschiedlicher Provenienz, die nun die Wahl zwischen dem «respektablen» Populisten Bayrou und dem abenteuerlichen «Systemgegner» Le Pen haben, verhalfen ihm zum Aufschwung in den Meinungsumfragen. Doch die Erkenntnis vieler Wähler, dass hinter Bayrou keine mehrheitsfähige politische Formation steht, führte inzwischen zu rückläufiger Popularitätskurve.
Bayrous Chancen scheinen überschätzt zu werden, während jene Le Pens im Gegenteil wie schon vor fünf Jahren eher unterschätzt werden dürften. Allerdings mutet die Panikmache einiger Sozialisten, die Royal nicht in den Ausstich vom 6. Mai gelangen sehen, hauptsächlich als Mittel zur Mobilisierung der linken Wählerschaft an. Anders als Chirac vor fünf Jahren mag Sarkozy die Eindämmung des rechtsextremistischen Votums einigermassen gelingen.
Royal in Bedrängnis
«Qui connaît Madame Royal?» - von allen zum Wahlkampf erschienenen politischen Büchern entpuppte sich diese Streitschrift des ehemaligen sozialistischen Parteisekretärs Eric Besson als erstrangiger Verkaufsschlager. Zur Demontage der einstigen «Madonna der Meinungsumfragen» trug indes vor allem die völlig erratische Wahlkampfstrategie der Kandidatin selber bei. Nicht ein grosses Thema, sondern eine Person, nämlich Sarkozy, dominierte bisher den Wahlkampf. Demgegenüber geriet Royal, anders als zuvor bei ihrer innerparteilichen Nominierung, rasch ins Hintertreffen. Immer häufiger rannte sie dem Favoriten hinterher und machte undurchdachte Programmvorschläge, die sie dann korrigieren oder gänzlich zurückziehen musste. Wofür sie eigentlich steht, ist kaum mehr zu erkennen.
Am Ende appellierte Royal in ihrer sorgsam inszenierten Opferrolle nun an Frankreichs Frauen, sie sollten ihr als Frau ihre Stimme geben. Anfänglich hatte sie gelobt, keinerlei personenbezogener Polemik zu frönen; nun erschöpft sich jedoch auch ihre Taktik beinahe nur noch in Angstmacherei gegen Sarkozy. Dessen Gegner werfen ihm fast alles vor, sprechen ihm aber nicht die Fähigkeit zur Führung der Nation ab. Umgekehrt ist es Royal nicht einmal in der eigenen Anhängerschaft gelungen, die Zweifel an ihrer Kompetenz zu zerstreuen; nur traditionelle Loyalität der sozialistischen Stammwählerschaft kann ihr den Weg zur Stichwahl ebnen.