Stichwort: Kanzlerkandidat
Burmester rechnet humorvoll aber schonungslos mit Steinbrück ab. Kein wischi-waschi, sondern klare Kante. Und komme man nicht mit dem Hinweis auf Wahlprogramme und differenzierte Sachdebatte. Denn - liebe edlen Gemüter: wann wurde dergleichen von der Kanzlerin umgesetzt? Das politische Tagesgschäft stellt andere Anforderungen!
Neulich zum Beispiel, da haben Sie auf der Bühne geweint. Das war ungewöhnlich für einen Mann Ihres Formats. Und das hat Sie sehr, sehr menschlich gemacht.
Und das ist vielleicht das Problem mit Ihnen, Herr Steinbrück: Sie sind so sehr Mensch.
Sie vereinen so Vieles, das man weder bei sich noch bei anderen haben möchte. Schon gar nicht bei jemandem, den man wählt. Wissen Sie, wir wählen ja nicht, um jemanden zu küren, der so ist wie wir. Wir wollen ja immer ein Heilsversprechen. Und dafür braucht es Glanz, Esprit oder zumindest Funken, die sprühen. Ein Zitteraal! Wären Sie doch ein Zitteraal! Oder ein kluger Leitwolf, der geschickt das Rudel durch den Schlammassel herauszuführen vermag und es gegen Angreifer verteidigt. Ein geselliges Erdmännchen, das seine Kolonie um sich scharrt oder ein weiser Silberrücken.
Aber nein. Sie sind ein immer etwas brummiger Norddeutscher, der nicht hinter dem Ofen hervorkommt. Da ist es nicht nur für mich schwierig, ein geeignetes Tier als Sympathieträger zu finden. Damit, Herr Steinbrück, ist schlicht kein Staat zu machen.
Ich bin ja wirklich nicht dazu da, den auf mich etwas überheblich, in jedem Fall schnoddrig wirkenden Steinbrück zu verteidigen. -
Aber Glanz, Esprit und sprühende Funken gehen ja auch von Angela Merkel keineswegs aus.
Sie wirkt, mir fällt kein besseres Bild ein, wohl für viele wie ein ruhig bleibender Kapitän auf extrem stürmischer See, bei dem die Passagiere das Kommando in besten Händen wissen. Blender und Feuerwerksabbrenner sind derzeit nun mal weniger gefragt, sondern verlässliche, durch und durch solide Arbeiter, welche sich nicht von ihren Emotionen leiten lassen, sondern vor allem Ruhe bewahren.
Das zweitbeste Bild, wohl ebenso für viele Bürger zutreffend, ist jenes von einer ordentlich und solide wirtschaftenden Hausfrau, die verhindert, dass die eigene gutsituierte Familie durch zu großzügige Offenherzigkeit der Mitglieder selbst in massive wirtschaftliche Turbulenzen gerät. Merkel als Prototyp der fleißigen, arbeitsamen, solide wirtschaftenden Deutschen sozusagen. -
Dagegen anzukommen ist für die SPD schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit, es ist auch völlig egal, welcher Kanzlerkandidat die alte Tante in die Wahlen führt.
Am ehesten eine Chance hätte man natürlich mit einem pointierten Gerechtigkeitswahlkampf, der freilich erst mal bei der Frage ansetzen müsste, wie man zwei tonnenschwere Steine aus dem Weg räumen will:
1) Hartz IV, der Ausbund an sozialer Kälte, die sozialpolitische Bankrotterklärung einer Linksregirung, wurde von einer rot-grünen Regierung in die Tat umgesetzt. Jetzt müsste man sich hinstellen und lauthals verkünden, dass man die von einem selbst beschlossenen Maßnahmen wieder rückgängig machen will. Das geht nicht.
2) Die SPD hat mehr oder weniger alle wesentlichen Weichenstellungen der vergangenen Legislaturperiode mitgetragen; seitdem Schwarz-Gelb die Mehrheit im Bundesrat verloren hat, regiert die SPD im Grunde sogar indirekt mit. Wenn die SPD nun die Regierung kritisiert oder gar in Bausch und Bogen verdammt, richtet sich ein gehöriger Teil ihrer Kritik letztlich gegen sie selbst. Gibt es eine Wechselstimmung? - Nein. Was würde die SPD anders machen? - Abgesehen von einigen gesellschaftspolitischen Themenfeldern eigentlich nichts, kann man wohl nicht ganz ohne Grund vermuten.
Selbst ein Alternativkandidat zu Steinbrück, der in seinem bisherigen Leben nicht gerade das Leitmotiv Sozialer Gerechtigkeit verkörperte, wäre bei der Herkulesaufgabe, diese zwei Felsbrocken aus dem Weg zu räumen, heillos überfordert. Steinmeier oder Gabriel würden sich dabei genauso schwer tun wie Steinbrück, dem wenigstens so was wie Wirtschaftskompetenz nicht abgesprochen werden kann.
Im Grunde muss die SPD, so sonderbar das auch klingen mag, auf eine durchaus nicht mehr auszuschließende extrem knappe Mehrheit für Schwarz und Gelb hoffen, nachdem die Träume von Rot-Grün völlig irreal zu sein scheinen. - Denn ein Regierungseintritt in eine Große Koalition als Juniorpartner wäre der beste Weg, die Partei sehr rasch unter die 20-Prozent-Marke abstürzen zu lassen (wenn man es jetzt trotz Oppositionsbonus in Umfragen zum Teil nur mehr auf 22 Prozent bringt!), mag das Koalitionsabkommen noch so sehr die sozialdemokratische Handschrift tragen und sollten auch noch so viele Schlüsselressorts in roten Händen liegen. -
Jüngere und besser Gebildete würden wohl zu den oppositionellen Grünen überlaufen, frustrierte und schlechter gebildete Ältere vermutlich eher zur oppositionellen Linkspartei.
Wenn das Internet für Angela Merkel Neuland ist, was ist dann die Kristina-Schröder-Welt?
Stattdessen: Bauen für ein Phantom. Bauen wie in den fünfziger Jahren, Bauen für die Familie von Vater, Mutter, Kind - obwohl gerade mal ein Viertel der Menschen noch in dieser Kristina-Schröder-Welt lebt, obwohl die Biografien der Menschen so brüchig geworden sind, dass sich das Bauen dem anpassen sollte. Und wenn aus dem festangestellten Single ein freiberuflicher Vater und dann ein arbeitsloser Scheidungsfall wird, dann ist es natürlich ein gesellschaftlicher und auch marktwirtschaftlicher Unsinn, wenn er deshalb dreimal umziehen muss.
Jüngere und besser Gebildete würden wohl zu den oppositionellen Grünen überlaufen, frustrierte und schlechter gebildete Ältere vermutlich eher zur oppositionellen Linkspartei.
Es wäre schön, wenn das so einträte, dann würde die bürgerliche, schrecklich "alternativlose" schwarz-gelbe Mehrheit abgewählt werden. Leider enthalten sich die ehemaligen SPD-Wähler aber einfach bzw. sind zur CDU gewechselt, damit gibt es als regierungsfähige Altenative nur noch die KroKo unter der ewigen Merkel. Faktisch haben Schöder und Münte die SPD zu einer sehr sehr langfristigen Oppositionspartei gemacht, oder zu einem Anhängsel der Union a la FDP. Es ist ja kein Zufall, dass die Linke bundesweit über 7% steht, obwohl sie in den westlichen Bundesländern nicht mehr in die Landtage kommt, und dass ständig neue Parteien nenenswerten Zulauf bekommen, ohne die 5% zu knacken. Die Opposition ist gespalten bis zur Unkenntlichkeit, auch ein "deutscher Frühling" gegen Merkel würde keine andere parlamentarische Mehrheit schaffen. Mal abgesehen davon, dass Steinbrück schwach ist, Steinmeier und Gabriel wären nur marginal besser und selbst ein sehr beliebter und bekannter Ude in München kann seiner SPD kaum helfen, die bei knapp 20% fest zementiert ist. In 20 Jahren werden die Grünen als Stadtpartei die SPD bundesweit überholt haben, dann kann sich wieder etwas ändern, bis dahin werden wir wohl nur noch CDU-Kanler/innen sehen.
ja et kütt wie es kütt
Wird Deutschland (endlich) seinen ersten schwarzen Bundestagsabgeordneten bekommen? In Halle hat die SPD Karamba Diaby aufgestellt, der gute Chancen hat, es zu schaffen.
His candidacy is a rare highlight in one of the Social Democrats’ worst election campaigns in recent history. Although Mr Diaby is likely to win a seat in the Bundestag, few give his party much chance of beating Chancellor Angela Merkel’s conservative Christian Democratic Union. Mr Diaby’s latest election gimmick is to have persuaded a local brewery to produce Karamba Diaby beer mats. “Your Good Health – from Karamba Diaby” reads the accompanying slogan.
“His chances of winning a seat must be good,” Marcus Schelgelmilch, his campaign manager, told The Independent yesterday.
“The beer mats are disappearing like hot cakes. Now lots of other Halle breweries want them.”
Wird Deutschland (endlich) seinen ersten schwarzen Bundestagsabgeordneten bekommen?
seinen ersten? aha!
http://www.gruene-bundestag.de/fraktion/abgeordnete_ID_2000011/abgeordnete/winkl er.html
Your Good Health – from Karamba Diaby
Warum schreibt er sich nicht "Caramba"? Das hätte noch mehr Charm. Oder Carajo?
seinen ersten? aha!
http://www.gruene-bundestag.de/fraktion/abgeordnete_ID_2000011/abgeordnete/winkl er.html [gruene-bundestag.de]
;-) Ein schwarzer Tag für den britischen Qualitätsjournalismus, gruener.
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