Die Lübecker Nachrichten haben alle sechs Kandidierenden sich kurz und unkommentiert vorstellen lassen. Vielleicht ein ganz netter Eindruck: http://m.ln-online.de/Lokales/Luebeck/Luebecks-Buergermeisterkandidaten-stellen- sich-im-Video-vor
Wäre gut, wenn Lübecker mit mehr Stallgeruch teilnehmen würden. Ich denke, wir liegen angesichts fehlender Umfragen va. bei den unabhängigen Kandidaten deutlich daneben.
Ok, hier mal der Kandidierendendurchlauf im Schnellcheck:
1. Ali Alam: Mitglied und Protagonist der Partei Die PARTEI, Dreh- und Angelpunkt der "Travemünder Assis" und der "Norddeutschen Rabauken". Wirbt damit der Bürgermeister der Herzen zu sein, wahlweise als "die Alinative". Potential hat er vor allem in den Oberstufen der Gymnasien, der Rap-Szene und den Szene-Kneipisten. Kriegen die am 5. den Popo hoch kann es bis auf 5% heran reichen. Sonst eher bei 1%.
2. Joachim Heising, vollkommen unbeschriebenes Blatt. Der Versicherungsmakler tauchte am Tag des Bewerbungsschlusses aus dem nichts mit der nötigen Anzahl von Unterstützungsunterschriften beim Wahlamt auf. Seither ist er nun also Kandidat. Es gibt keine Gruppe, die ihn unterstützt und es gibt so gut wie keine öffentliche Aufmerksamkeit für ihn. Fleißig hat er selbst einige hundert freundlich nichtssagender Plakate angebracht. Potential liegt imo bei 0,5 - 1%.
3. Jan Lindenau, SPD, Fraktionsvorsitzender in der Lübecker Bürgerschaft, hat sich im innerparteilichen Vorwahlkampf gegen Mitbewerberin Konstanze Wagner durchgesetzt. Der Bankkaufmann bringt das Manko mit, dass er noch nie eine Wahl außerhalb seiner Partei gewonnen hat. Neben verpassten Direktmandaten bei den Kommunalwahlen wiegt seine Niederlage gegen die ebenfalls als Bürgermeisterin Kandidierende Katrin Weiher um das Amt der Kultursenatorin. Er gilt als Jahren als "der Kronprinz" in der lübschen SPD, wäre aber mehr als dringend darauf angewiesen diesmal erfolgreich abzuschneiden. Als weitere Hypothek gilt der gerade bei der Bundestagswahl eingefahrene Verlust des Lübecker Direktmandates an die CDU - das erste Mal seit 1969... Derzeitiges Potential der SPD in Lübeck je nach Wählen 30 - 35%.
4. Thomas Misch, Freie Wähler. Der Autohändler und Fraktions-Teilzeitangestellte hat die Aufgabe das Ergebnis seiner Partei über die zuletzt in der Stadt erzielten 0,8% zu heben, um der Partei eine prozentual bessere Ausgangsposition für die im Mai anstehende Kommunalwahl zu schaffen. Durch originell geschaffene Großflächen auf Bauzaunelementem in der Stadt ist er gut sichtbar und macht zumindest keinen unsympathischen Eindruck. Potential dürfte bei bis max. 3% liegen.
5. Detlef Stolzenberg, Outlaw, Stadtplaner und Quergeist. Ist für die Kandidatur bei den Piraten ausgetreten, um als unabhängiger Kandidat zu punkten. Mit seinem Auftreten hat er auf jeden Fall Schlag in der alternativen, der grünen und linksorietierten Szene. Da durch die unter 6. zu beschreibende Kandidatin im linken Spektrum sehr viel Platz ist, könnte er unter den Underdogs der große Sieger werden. Ihm traue ich ein Ergebnis zwischen 3 - 10% zu.
6. Katrin Weiher, Kultursenatorin. Die Parteilose kam schon mit einem Überraschungscoup gegen den favorisierten Jan Lindenau ins Senatorenamt. Getragen wird ihre Kandidatur von einem Bündnis aus CDU, FDP, Bürger für Lübeck, Die Grünen, Die LINKE. Auch wenn das ungewöhnliche Bündnis für einige Diskussionen in der Stadt sorgt, läuft der Wahlkampf des Bündnisses überaus harmonisch. Sie dürfte allein durch die sie tragenden Parteien Favoritin für den ersten Wahlgang sein. Ob es zum direkten Gewinn reicht, dürfte die spannendste Frage sein. Ihr Potential rechne ich von 45 - 55% reichen.
Ich hoffe, dass dieser Abriss etwas mehr an Informationen bietet.
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Edit:
Das WaFi-Team war so frei, in diesem Post zwecks besserer Lesbarkeit layout-technisch einzugreifen. Wir bitten um Verständnis.
Ein erstaunliches Wahlergebnis, muss ich sagen. Ich habe den Stolzenberg zwar schon auf Platz 3 gesehen, aber nicht so stark. Er hat in Interviews und Redebeiträgen meist viel Kompetenz, Authentizität und Ehrlichkeit ausgestrahlt. Und Frau Weiher kam bei den Wählern offensichtlich ähnlich arrogant rüber wie bei mir, kein sonderlich gutes Ergebnis für eine quasi Allparteienkoalition minus SPD, Freie Wähler und PARTEI.
Nun werben die Stichwahlkandidaten um die Stimmen von Stolzenberg, Weiher biedert sich geradezu an:
Die Ansätze, die insbesondere Herr Stolzenberg in die Kampagne eingebracht hat, werden nicht nur im Wahlkampf eine Rolle spielen. Es wird auch Aufgabe der neuen Bürgermeisterin bzw. des neuen Bürgermeisters sein, diesen Impuls bei der Ausübung des Amtes aufzugreifen. Wir müssen die Menschen mit ihren Anliegen ernst nehmen. Nicht zuletzt der gescheiterte Abriss der Hafenschuppen auf der Nördlichen Wallhalbinsel und auch das Bürgervotum zu den Linden an der Untertrave haben gezeigt: Nur die frühzeitige und ernsthafte Beteiligung der Bürger führt zu Akzeptanz bei städtischen Entscheidungen. Jan Lindenau kann für die Wählerinnen und Wähler von Detlev Stolzenberg aus meiner Sicht schlecht eine Alternative sein. Lindenau hat die Stadtteilbüros geschlossen, er wollte die Hafenschuppen abreißen und die Linden an der Untertrave beseitigen. Das ist das Gegenteil dessen, wofür Detlev Stolzenberg steht.
Ich kann auf die Kompetenzen und das Wissen von fünf Parteien zurückgreifen, bin aber selbst nicht Mitglied einer Partei. Mir geht es um das Wohl der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Das werde ich in den kommenden zwei Wochen bis zur Stichwahl herausstellen.
Kurz vor der ersten Wahl war Stolzenberg nich sonderlich gut auf Frau Weiher zu sprechen:
Detlev Stolzenberg bedauert die Eskalation, die der Wahlkampf in den letzten Tagen entwickelt hat. Er hält Kathrin Weiher vor, im Interview mit Travemünde Aktuell Falschaussagen gemacht zu haben: "Frau Weiher hat behauptet ich sei Landschaftsarchitekt. Außerdem stellt Frau Weiher heraus, dass sie die einzige der sechs Kandidaten sei, die Verwaltungserfahrung hätte. Diese beiden Aussagen sind falsch. Ich bin nicht Landschaftsarchitekt sondern Stadtplaner, der in der Kommunalberatung erfolgreich tätig ist. Das weiß inzwischen die ganze Stadt. Und entgegen ihrer Falschaussage, dass sie als einzige Bewerberin Verwaltungserfahrung hätte, weise ich gerne noch einmal darauf hin, dass ich sieben Jahre Verwaltungserfahrung durch meine verantwortliche Mitarbeit in einer großen Kommunalverwaltung habe. Dies habe ich in den verschiedenen Kandidatenvorstellungrunden im Beisein von Frau Weiher wiederholt erwähnt. Warum stellt sie das in den Medien falsch dar?"
Stolzenberg erklärt weiter: "Ich schätze Frau Weiher als aufgeschlossene, freundliche und qualifizierte Frau. Meine von ihr bemängelte Kritik an sie, richtet sich ausschließlich an Inhalte Ihrer Arbeit und gelten nicht Ihrer Person. Frau Weihers Aussagen in diesem Interview zeigen allerdings, dass Frau Weiher nicht kritikfähig ist. Jedem steht das Recht zu, jemanden etwas zuzutrauen oder auch nicht. Dass ich Frau Weiher keine erfolgreiche Amtsführung zutraue hat nichts mit ihr als Frau zu tun, sondern ausschließlich mit der geäußerten Absicht, keine Veränderungen in den Verfahrensweisen der Verwaltung einzuführen und mit der Abhängigkeit von den sie unterstützenden Parteien. Die jetzt von Kathrin Weiher zum Ausdruck gebrachte mangelnde Kritikfähigkeit ist für eine Bürgermeisterin nicht akzeptabel. Darüber können auch nicht die vielen Partei-Werbe-Aktionen für sie hinweg täuschen."
Könnte also spannend werden, Weiher lag keine 6% vor Lindenau und die Stolzenbergwähler sind der mit Abstand größte Block an potentiellen Zugewinnen. Gewonnen hat Frau Weiher in jedem Fall in Sachen Heuchelei und Doppelzüngigkeit.
nun, im wahlkampf wird so vieles geäußert, was hinterher niemanden mehr interessiert.
fakt ist aber wohl:
der erste wahlgang ist anders ausgegangen als von vielen vermutet. dabei mussten zwei kandidaten erheblich federn lassen - sie verloren an den überraschungskandidaten stolzenberg.
doch was bedeutet das für die stichwahl?
1. eine theoretische annahme:
würden die spezialdemokraten ihren kandidaten zurückziehen, würde voraussichtlich stolzenberg als sieger hervorgehen - siehe als gutes beispiel die ständeratswahl 2007 im kanton zürich. die situation ist durchaus vergleichbar.
2. das realistische szenario:
- die stimmen des fw-kandidaten gehen mehrheitlich an den spd-bewerber. die lübschen freien wähler sind in enger kooperation mit der alten tante spd
- die spd hat ihr internes wahlpotential bereits ausgeschöpft. es sind keine 30 %. - 2011 waren es immerhin noch 42 %. - wie schlecht der lübecker spd eht, mag das erststimmenergebnis der letzten bundestagswahl belegen: seit vielen, vielen jahren holte die cdu das direktmandat. und dieses, obwohl die linke, die in lübeck stark ist (knapp 10 %), keinen direktkandidaten aufgestellt hatte.
- wenn es der cdu selbst in einem bündnis mit fdp, grünen, linken und einer unabhängigen bürgerliste nicht gelingt, einen kandidaten durchzubringen, sollte sie zukünftig im urbanen bereich lieber gleich darauf verzichten, ob-kandidaten aufzustellen. aber: das potential der genannten parteien ist längst noch nicht erschöpft.
- die stimmen von stolzenberg gehen m.e. mehrheitlich an weiher. warum? stolzenberg hat im ersten wahlgang zu einem nicht unerheblichen teil im mitte-links lager jenseits der spd gefischt. vergleiche ob-lübeck 2011. damals erhielten zwei kandidaten jenseits der spd zusammen etwa 23 % - stolzenberg bekam knapp 21 %. - 2011 gingen diese stimmen in der stichwahl mehrheitlich an den spd-bewerber und amtsinhaber. dieses mal könnte dies anders sein: zu deutlich ist, dass weiher auch von grünen und linken mitgetragen wird.
- die stimmen von ali alam spielen für den zweiten wahlgang keine große rolle. analoges gilt für die heising-stimmen
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fazit:
ich rechne mit einem eher engen ergebnis, bei dem weiher - nach heutigem stand - die nase vorne haben dürfte.
Die Stolzenberg Wähler sehe ich mit größerer Tendenz Richtung Lindenau wandern, da er auch in nicht unerheblichem Maße im grün-Alternativen Lager gepunktet hat. Die Wähler gehen auch im zweiten Gang nicht zu Weiher.
Obwohl Grüne und Linke sie unterstützen?
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