Die Frage ist halt, auf welche Basis sie Rücksicht nehmen? Auf die Gesamtpartei? Oder doch nur auf die vor Ort? Abgeordnete müssen sich ja auch Vorwahlen stellen - wenn da einer in Denver für Kandidat X stimmt, obwohl eine deutliche Mehrheit in seinem Wahlkreis sich in den Primaries für Gegenkandidat Y entschieden hat, ist das ne Steilvorlage für einen Herausforderer...
Im Grunde will ich nur sagen, dass die Superdelegierten sowohl die Wahl Obamas als auch die von Clinton irgendwie mit ihrer Rücksicht auf den Wählerwillen begründen können - wenn die beiden annäherend gleiche Delegiertenzahlen vorweisen können. Wenn die zu weit auseinander klaffen, können sie dieses klare Ergebnis dagegen nicht mehr so einfach umdrehen, das würde für sehr negative Presse sorgen. Überholen kann Hillary Obama nur noch, wenn der auf ner Bahnhofstoilette beim SM-Sex mit Newt Gingrich aufgegriffen wird; sie kann aber versuchen, Baracks Vorsprung so gering zu halten, dass sie vielleicht doch ne Mehrheit der Superdelegierten auf ihre Seite ziehen kann.
Und letztendlich müssen sich viele Delegierte wohl entscheiden, ob ihnen die Stimmung in der Gesamtpartei wichtiger ist oder ihr unmittelbares politisches Umfeld, ihr Wahlkreis, ihre Karriere. Da werden unterschiedliche Delegierte zu verschiedenen Antworten kommen. Ich sach hier ja keinen Clinton-Sieg voraus, aber eine Chance hat sie schon noch, da bin ich mir sicher.
...kann und mag ich mir nur ungern vorstellen, andere "Skandale" sind natürlich prinzipiell vorstellbar. Ich denke, dass der Druck bei Clinton liegt und wahrscheinlich nach Pensylvania ihr Verzicht kommt, sofern sie dort nicht mit über 75% gewinnt. Die Superdeligierten werden die Rolle der "parteilichen Vernunft" spielen und mehrheitlich den Führenden unterstützen. Außerdem wird John Edward seine Deligierten bzw. Unterstützung Obama geben. Eine Wiederholungswahl in Florida wäre wohl der Supergau für die Demokraten, kann ich mir nicht vorstellen...
Die Superdelegierten aus Ohio haben eine Liste mit politischen Forderungen vorgelegt; von der Erfüllung derselben wollen sie ihr Wahlverhalten auf dem Parteitag abhängig machen.
Obama sollte sich warm anziehen. Im April kann es in Penn. empfindlich kalt werden. Der Wähler wird ihn sich nochmals gründlich ansehen. Der sogenannte "zweite Blick".
Sollte Obama weiterhin Fehler machen wie in den letzten Tagen könnte er in sieben Wochen am Ende sein.
Es ist festzustellen, dass die Umstellungen im Camp Clinton gegriffen haben.
Newsweek argumentiert, nach den Vorwahlen vom Dienstag habe sich Hillaries Situation objektiv verschlechtert: Brauchte sie vor diesen Vorwahlen durchschnittliche Wahlergebnisse von 62% in den verbleibenden Vorwahlstaaten um mit Obama gleichziehen zu können, so liege die Latte nun noch höher, da sie am Dienstag unter dieser Marke geblieben sei:
http://www.newsweek.com/id/119010
Der Spiegel bestreitet gar, dass Clinton Texas gewonnen habe; Obama gewinne dort wohl mehr Delegierte als sie:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,539728,00.html
Die Washington Post sieht Ungemach für Obama heraufziehen: Er habe bisher in den für die Wahl im November wichtigen Staaten nicht überzeugen können; in Staaten wie Ohio werde aber eine Wahl letztendlich gewonnen:
http://www.nypost.com/seven/03062008/news/columnists/only_gore_can_stop_a_meltdown_100624.htm
Dasselbe Blatt lamentiert über die surreale Situation der Demokraten und stellt fest, dass Clinton und Obama jeweils zu viele Vorzüge hätten, um vom Parteivolk in die Wüste geschickt zu werden, und zu viele Schwächen, um eine klare Mehrheit für sich zu gewinnen:
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2008/03/05/AR2008030502891.html
The American Prospect sieht wie viele andere Medien Hillarys beste Chance in weiteren harten Attacken gegen Obama; er dagegen müsse sich endlich zur Wehr setzen statt zu versuchen, die Angriffe abprallen zu lassen:
http://www.prospect.org/cs/articles?article=how_far_will_democrats_go
Im Boston Globe liest man dagegen, das lange Vorwahldrama sei ein Geschenk des Himmels für die Demokraten: Sie machten die Schlagzeilen, begeisterten Millionen wieder (oder erstmals) für die Politik und beide Kandidaten würden durch diesen Prozess für einen harten Wahlkampf gestählt:
http://www.realclearpolitics.com/articles/2008/03/fight_makes_democrats_stronger.html
Die New York Post ist der Meinung, Gore als Elder Statesman der Demokraten müsse jetzt vermitteln (meiner Meinung nach illusorisch):
http://www.nypost.com/seven/03062008/news/columnists/only_gore_can_stop_a_meltdown_100624.htm
Wer nur einen Artikel lesen mag, der sollte sich vielleicht an Karl Roves (bis vor kurzem G.W. Bushs mephistophelischer Wahlstratege) im Wall Street Journal halten: Eine kurze Analyse des Dienstags und einige Tipps für Clinton und McCain; dazu die interessante Behauptung, die Zahl der "Obamicans" (Republikaner, die für Obama stimmen wollen) sei nur halb so hoch wie die der "McCainicrats", Demokraten mit Sympathien für den Kandidaten der GOP:
http://online.wsj.com/article/SB120476732666015257.html?mod=opinion_main_commentaries
Insgesamt scheint mir das Medienvolk noch nach einer einheitlichen Interpretation der Ergebnisse von Ohio und Texas zu suchen; noch rauscht es sehr kakophonisch aus dem Blätterwald.
Thx das Du den ganzen Krempel liest und auch noch zusammenfassend übersetzt, im Ernst, gute Informationen während des gesamten Vorwahlprozederes, mach dat ma genau so weiter :-)
Mir scheint auch große Verwirrung in den USA zu herrschen ob des augenblicklichen Schauspiels, die Kommentare driften wie von Dir beschrieben, und die Umfragen von vor den Wahlen hatten mit den tatsächlichen Ergebnissen gemeinsam, das in den Umfragen und Ergebnissen jeweils Zahlen standen, nur leider sehr unterschiedliche.
Aus meiner gottseidank weit weg von den USA Perspektive habe ich den Eindruck, "Obama war nett, is nen toller Wanderprediger, und Change sowieso super, nur jetzt langsam wirds ernst und wir überlegen uns was wir wirklich wollen" Stimmung, kann sein das ich völlig falsch liege.
Nur McCain steht fest, eiert nicht rum, und damit sind die Dems in einem Dilemna. Und ob Sie Obama gegen McCain ins Rennen schicken? Ich weiß nicht,es wird auch bei den Dems einflussreiche Kräfte geben die machtgeil sind, inwieweit die das Abenteuer Obama bis zum Ende mitmachen, ich bin skeptisch.
Ergänzend zur Innenbetrachtung der Vorwahl noch etwas von Außen.
Der Dollar ist auf einem Rekordminus gegen dem Euro angelangt und Öl auf einem Allzeithoch (selbst inflationsbereinigt).
Auch andere Rohstoffe und Lebensmittel stehen auf Rekordniveau.
Da erstaunt es mich, wie wenig dies bisher in beiden Kampagnen konkret angesprochen wird.
Vielleicht ändert sich das, sollte der Konflikt zwischen Venezuela und Kolumbien eskalieren. Was dort geschieht hat unmittelbar Einfluß auf die US-Wirtschaft.
Bloomberg berichtet, dass erneut eine Öl-Pipeline bombardiert wurde was mit zu dem neuen Rekord beigetragen hat.
So amüsant das Zählen von Delegierten letztlich ist; diese Vorwahlen werden dadurch entschieden, wem am Ende im November die Wähler ihr Land anvertrauen wollen. Was im Januar und Februar war wird dann vergessen sein - und sollte einer der beiden Kandidaten in den nächsten Wochen den Eindruck machen, dass man ihm oder ihr nicht vertrauen kann werden die Delegierten dies bei ihrer Entscheidung berücksichtigen.
Danke für die Blumen, Buckley! Ich seh das Ganze genau wie Du. Carokann, die Themen, die Du ansprichst, werden im November mit Sicherheit ne große Rolle spielen. Sie tun es ja auch in den Vorwahlen schon; Nafta und Freihandel waren in Ohio beispielsweise sehr wichtig.
Heute hab ich mir mal die Kommentare von zwei linken ("liberalen") amerikanischen Magazinen angeschaut; ich wollte sehen, wie man dort das Vorwahl-Gezerre so sieht. Soweit ich das beurteilen kann, sind beide Magazine in Demokratenkreisen recht angesehen (und generell oft lesenswert).
"The Nation" bekräftigt noch einmal die eigene Wahlempfehlung für Obama, findet den ungewöhnlich langen Vorwahlprozess aber nicht weiter verwerflich. Am Ende (nach erneuten Vorwahlen in Michigan und Florida) müsse aber der Bewerber mit den meisten Delegiertenstimmen Kandidat werden:
http://www.thenation.com/doc/20080324/editors
Dort auch ein Kommentar, der beklagt, dass Barack und Hillary oft lediglich auf ihre Identität als schwarz beziehungsweise weiblich reduziert würden und zwischen ihren Parteigängern erbittert darüber gestritten werde, welche der beiden Gruppen denn nun das wahre Opfer der amerikanischen Gesellschaft sei (und damit den Kandidaten stellen solle):
http://www.thenation.com/doc/20080324/williams
"The New Republic" bezieht dagegen eindeutig Stellung gegen Clinton: Ihre Angriffe werden als Schmierkampagne bezeichnet und als unfair gegenüber Obama, der niemals mit gleicher Münze zurückzahlen könne. Hillarys Verhalten sei parteischädigend und ziele möglicherweise darauf ab, Obama so schwer zu verwunden, dass er im Falle einer Kandidatur keine Chance gegen McCain habe. Dann sei der Weg frei für Hillary - 2012. Starker Tobak:
http://www.tnr.com/politics/story.html?id=ba30ff16-a5af-4035-a883-cf15ffee406c
Im gleichen Magazin eine sehr lesenswerte Reportage über eine dieser ominösen Caucusversammlungen. Ich hab mir nach dem Lesen zum ersten Mal vorstellen können, was da genau passiert. Übrigens abseits des üblichen Hohns und Spotts über die sonderbaren amerikanischen Primarys mal ein Beitrag, der den Stolz der beteiligten Vorwähler andeutet, dass sie eine Stimme im Konzert der Mächtigen haben. Sehr schöner Artikel:
http://www.tnr.com/politics/story.html?id=01476e0a-b2c3-4745-8bbe-558fc0ece415
Um mal auch die andere Seite zu Wort kommen zu lassen: Rush Limbaugh, der Rechtsaußen der Konservativen, fährt seit einiger Zeit eine Kampagne "Vote Hillary!" Republikaner sollen bei offenen Vorwahlen für Clinton stimmen: "The strategy is to continue the chaos in this party. [...] Obama needs to be bloodied up. Look, half the country already hates Hillary. That's good. But nobody hates Obama yet. Hillary is going to be the one to have to bloody him up politically because our side isn't going to do it. [...] It's about winning, folks!" Nach Texas beklagt er sich nun, Hillary habe sich nie für seinen Beitrag zu ihrem Sieg dort bedankt...
http://www.rushlimbaugh.com/home/daily/site_030308/content/01125107.guest.html
Kaum zu glauben:Schon wieder verquatscht sich ein Obama-Helfer
Die außenpolitische Beraterin Obamas, eine Gewinnerin des Pulitzer-Preises bezeichnete Clinton als "Monster"
Hier das Entschuldigungs-Statement der Obama-Kampagne.
*Statement from Obama campaign spokesman Bill Burton: Senator Obama decries such characterizations which have no place in his campaign.+
Schon wieder eine Steilvorlage.So löst man Solidarisierungseffekte aus. Wie es die wohl EX-Beraterin in dem Interview formulierte.
"We f---ed up, Ohio."
Vor Ohio hatte ein wirtschaftspolitischer Berater angeblich der kanadischen Regierung zu verstehen gegeben, dass Obamas Kritik am Freihandelsabkommen NAFTA blanke Wahlkampfrhetorik sei.
Zwar wurde dementiert aber es tauchte ein Memorandum der Kanadier auf.
Es machen sich Erschöpfungserscheinungen im Team Obama bemerkbar.
Da hilft nur eins auswechseln!
Als Hillary gefragt wurde, ob Obama Moslem sei (was auch für ne dämliche Frage), ist sie ausgewichen ("Meines Wissens wohl nicht." o.Ä.) Warum nicht einfach "Nein"? Warum benutzen ihre Leute gern auch seinen zweiten Vornamen ("Hussein"). Klar, das ist sein Name, deshalb kann er sich auch nicht wirklich drüber beschweren, aber man setzt in Clintons Lager doch bestimmt auf entsprechende Assoziationen. Als Obamas Leute die Frage gestellt haben, warum sie ihre Steuererklärung noch nicht veröffentlicht habe, wurde Barack mit Sonderermittler Kenneth Starr verglichen (aus der guten alten Levinsky-Zeit). Tut mir leid, ich kann die Clinton einfach nicht ab...