Aus der Welt vom 26.06.
Liebe Deutsche", begann "Die Presse" ihren Leitartikel auf der Titelseite, "wir haben euch auf einmal lieb." Gemeint war unter anderem eine Umfrage, aus der hervorgeht, dass 46 Prozent der Österreicher den Deutschen den EM-Sieg gönnen würden
Und die "Presse" steht keineswegs alleine da mit ihrer Liebeserklärung. "Soooo schööööön!", jubelte die "Kronen-Zeitung" nach dem Sieg der Deutschen über die Griechen und ließ dann Prominente erzählen, was sie so toll an den Nachbarn finden: die Leidenschaft (ein Tennisspieler), das beherzte, aber taktische Spiel (ein Ex-Skifahrer), den feschen Teamchef (eine Eiskönigin). Laut "Presse" geht es um mehr als Fußball: "Viel lockerer und entspannter seid ihr geworden, nicht mehr so steif und überkorrekt."
Ganz Österreich -NEIN
Schneckerl Pohaska [ "Sie spielen einen sympathischen Fußball, aber sie sind mir immer noch nicht sympathisch!"] und Teile der Stadt mit dem goldenen Dacherl leisten hinhaltend Widerstand.
[es gibt sogar ein bild mit den Nationalfahnen von A & D und a Herzerl dazwischen - wie süss ... aber das kann man hier nicht reinstellen ... also stellst euch das Bilderl vor - habt ihr"s ... fein]
Grosser Unterschied zu Uderzo: Dort gewinnen die, die Widerstand leisten ....
Also da hast du einen meiner persönlichen schwerpunkte erwischt:
Es ist sicher nicht richtig, dass "österreich die piefkes liebt".
Tatsächlich richtig ist, dass eine deutliche mehrheit der fußballinteressierten österreicher bei der em zu den deutschen fußballern "hält", "ihnen die daumen drückt", "hofft, dass sie den titel schaffen".
Das ist tatsächlich eine gänzlich andere haltung als noch vor 20, 30 oder 40 jahren. Die österreicher sind eine sehr junge nation, in der zwischenkriegszeit hat sich die überwältigende mehrheit der bevölkerung noch als deutsche gefühlt. Den "anschluss" wiederum hat eine große mehrheit der bevölkerung begeistert begrüßt. Nach dem krieg hat man auf die moskauer deklaration von 1943 zurückgegriffen - österreich als erstes opfer hitlers - und ist zu deutschland und den deutschen auf distanz gegangen. Mit der neutralität seit 1955 gab es etwas, was österreich von den zwei deutschen staaten unterschied, die entweder im west- oder im ostblock verankert waren. Und diese neutralität, begleitet vom starken wirtschaftlichen aufschwung, hat langsam so etwas wie ein österreichisches nationalgefühl entstehen lassen. Ganz wesentlich dazu beigetragen haben die erfolge im sport - vor allem im schilaufen (ist ganz witzig, zumal diese sportart weltweit von nicht einmal zehn nationen ernsthaft betrieben wird), seltener im fußball, etwa beim berühmten 3:2-sieg österreichs im jahr 1978 gegen deutschland in cordoba.
Die abgrenzung von deutschland hat letztlich dazu geführt, dass man in aller regel zum jeweiligen gegner der deutschen "geholfen" hat. Sicher eine rolle gespielt hat auch das auftreten deutscher touristen im land, die im bewusstsein einer vollen geldtasche sich oft präpotent und überheblich verhalten haben, in etwa so, wie es heute österreicher in der türkei, in griechenland, in kenia oder in der dominikanischen republik tun.
Heute ist die abgrenzung zu deutschland nicht mehr nötig, das österreichische nationalgefühl ist gefestigt (die fpö und das bzö, erben des alten deutschnationalen lagers, spielen sich heute als die "österreich(er)-zuerst-parteien auf), wirtschaftlich haben wir deutschland (das bis heute unter der übernahme der konkursmasse ddr leidet, die kommunisten haben dort in 4 1/2 jahrzehnten wahrlich ganze arbeit geleistet) längst überholt und beschäftigen zehntausende von deutschen gastarbeitern (ironie der geschichte - unter anderem im tourismus).
Von daher ist es überhaupt kein problem mehr, eine deutsche fußball-nationalmannschaft zu unterstützen, die nicht nur glück hat, sondern auch technisch wunderbaren fußball spielt und einen trainer besitzt, der sympathisch wirkt und zudem einen starken österreichbezug aufweist.
Teil 4 unserer wissenschaftlichen serie über den fußball:
Fanmeile Neuwied. Hier liess die Sicherheitsfirma dunkelhäutige deutsche Fans nur unter demütigenden Bedingungen auf die Fanmeile.
Wo ist denn hier die Ursache und wo die Wirkung? Als schwarzer Deutscher hast Du es (im Schnitt) sicher völlig unabhängig von jedem Fußball schwerer bei Vermietern oder Arbeitgebern oder Disco-Türstehern oder eben auch beim Betreten mancher Fanmeile. Letzteres ist doch eher Auswirkung eines latent vorhandenen Rassismus und nicht die Ursache; ich glaube nach wie vor, dass ein Boateng ne ganze Menge zum Abbau von Rassismus beitragen kann, statt diesem neue Nahrung zu geben. Lässt sich natürlich schwer beweisen, aber naheliegend scheint es mir doch.
Teil V der wissenschaftlichen annäherung an das phänomen fußball:
http://www.vorbildsein.de/cms/docs/doc4802.pdf
Sehr interessant vor allem die ausführungen s. 71f.
Fortsetzung folgt natürlich!
Dein Link bezieht sich auf Sport und in diesem Zusammenhang auf Fußball.
Aber richtiger als Deine "wissenschaftlichen" Erkenntnisse sind die Handlungen der Fans! Z.B. die Mondiali Antirazzisti:
http://www.mondialiantirazzisti.org/new/?page_id=143&lang=de
Teil VI der wissenschaftlichen Annäherung:
Ist sehr interessant angesichts des morgigen spiels deutschland - italien; die quelle beschäftigt sich vor allem mit dem deutschlandbild in italienischen medien, die über fußball berichten:
Homosexualität im Fußballsport ist eines der letzten Tabus in unserer Gesellschaft. Der Fußball-Sport hat gerade erst begonnen, sich dem Problem der Homophobie in den eigenen Reihen zu stellen: Einen positiven und offenen Umgang mit der Homosexualität von Aktiven gibt es noch nicht. Der Diplom Medienwissenschaftler Jörg Litwinschuh – Kommunikationsberater und Medienforscher im Hauptberuf – hat im März 2010 das Experten-Netzwerk „Fußball gegen Homophobie“ gegründet. Er engagiert sich seit über 20 Jahren in der Lesben- und Schwulenbewegung. Litwinschuh sagt voraus, dass „Outings im Fußball die Emanzipation der Schwulen und Lesben stärker beeinflussen werden als die Outings von Rosa von Praunheim, das Selbstouting von Klaus Wowereit oder die Einführung der ´Homoehe´ in Deutschland“.
ich kann schon wieder kaum an mich halten!
wow! es gibt also tatsächlich einige wenige fussballanhänger, die sich für schwule in ihrem sport einsetzen.
dennoch sei die vorsichtige, ansich unerhörte frage erlaubt: wie viele fans dürften beispielsweise lahm oder schweinsberger auf facebook noch haben, wenn sie sich outen würden? oder direkt gefragt: wie oft würde es wohl aus der bayern-fan-tribühne tönen: verpiss dich, du blöde schwule sau?
aber nein, ich spinne ja nur rum. fussball ist ein derart progressiver sport, in dem es ebenso viele bekennende homosexuelle gibt wie bei den modeschöpfern. und (fast) alle fussball-fans akzeptieren dies. deswegen auch der massenauflauf, wenn die nationalelf kickt. das public-viewing ist in wahrheit eine solidaritätserklärung mit denen, die andersrum sind. das schwarz-rot-gelbe fahnengeschwenke ist sozusagen die auf den fussball übertragene csd-regenbogenfarbentracht. wie konnte ich das nur in meiner blindheit verkennen?
***
quintessenz: wieder ein gelungener versuch, fussball als den verbindenden, menschen einenden, aufklärerischen sport an sich darzustellen. vielleicht sollte ich meine ablehnende haltung wirklich einmal überdenken. doch zuvor beschränke ich mich darauf, degenhardt zu zitieren: die (fussball-)luft riecht süß und säuerlich, ich glaube, ich erbreche mich.
Grüner, Du polemisierst gegen Standpunkte, die hier gar nicht geäußert werden. Fußballfans sind wohl ein ganz guter Querschnitt durch die Gesellschaft, und diese ist in Teilen halt noch rassistisch oder homophob. Einem Fußballer, der sich outen würde, würden mit Sicherheit negative Fangesänge entgegenschallen, allerdings wohl mehr von Anhängern des gegnerischen Teams (so ist das mit dem Tribalismus), schwarze Spieler haben Affenlaute ja auch eher nicht aus dem eigenen Fanblock zu erwarten. Letzteres Beispiel zeigt aber schon, dass solche Vorkomnisse heute deutlich seltener sind als früher. Wenn sich die Gesellschaft ändert, dann tut es auch die Fußball-Klientel, und Spieler wie Boateng könnten daran auch einen gewissen Anteil haben. Was passieren würde, wenn sich ein Fußballer outete? Positives und Negatives, für ihn selbst wär es eine riesige Belastung (deshalb tut es auch niemand), aber ein sehr großer Schritt zur Bekämpfung von Homophobie.
Fußballspiele zeigen Dir auf dem Präsentierteller unsere derzeitige Gesellschaft, sie erschaffen sie aber nicht. Gäbe es den Fußball nicht, dann wären Rassismus oder Homophobie nicht plötzlich verschwunden, sie würden nur noch weniger thematisiert.
quintessenz: wieder ein gelungener versuch, fussball als den verbindenden, menschen einenden, aufklärerischen sport an sich darzustellen. vielleicht sollte ich meine ablehnende haltung wirklich einmal überdenken. doch zuvor beschränke ich mich darauf, degenhardt zu zitieren: die (fussball-)luft riecht süß und säuerlich, ich glaube, ich erbreche mich.
... gruener du musst dich noch oft erbrechen.... und bitte tue es vor der richtigen Haustür
Ich gehe da mit Wanli.
Was Homosexualität angeht, ist die deutsche Gesellschaft noch immer im Neandertal. Witze, Diskreminierung, Abgrenzung sind noch immer die Regel und nicht die Ausnahme.
In den Umfragen sind alle ja so liberal und tolerant - aber im Allatg ?
Übrigens sind die Frauen in der Akzeptanz weiter als die Männer ["lesbisch hat in gewissen Kreisen fast ""in"- Status]
Warum geisselt du also den Fussball und nicht Vermieter oder Arbeitgeber ?
Richtig ist: Es ist noch ein sehr sehr langer Weg im Fussball. Es gibt erste "coming-out" - aber noch nicht in Deutschland.
gruener: bitte bitte schreib nicht mehr zum fussball. da ziehst du jeden aber auch jeden positiven ansatz sofort in den dreck. es gibt doch so viele themen, wo ein paar spritzer essig von deiner seite das fade forums-dressing würzen.
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